Forschung - D Diskurse

Projektbereich D: Diskurse

Die Konstitution von Menschen-, Welt- und Gottesbildern geschah vielfach in Auseinandersetzung mit anderen Religionskulturen: durch interreligiöse und intrareligiöse Diskurse sowie im Rückgriff auf Bildungsgüter, die nicht- oder andersreligiösen Kontexten entstammten. Diese Vorgänge sind auf ihre Anlässe und Mechanismen hin zu untersuchen, einschließlich der diskursiven Konstruktion von Alterität und Identität. Ziele und Konzepte religiöser Bildung wurden von Religion zu Religion vermittelt und dabei transformiert, ihre Herkunftsspuren blieben dabei aber oft erkennbar und sind mithin auch thematisierbar. So lässt sich das Weiterwirken griechischer und römischer Bildung in Judentum und Christentum als ein Prozess des Markierens und Überschreitens von Grenzen verstehen, der mit dem Aufkommen des Islams noch einmal an Dynamik gewann.

  • D 01 Religiöses Wissen im Diskurs: Ciceros religionsphilosophische Dialoge

    Klassische Philologie
    Projektleiter: Prof. Dr. Peter Kuhlmann
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Valeria Marchetti

    Religiöses Wissen im Diskurs: Ciceros religionsphilosophische Dialoge 

    Religion spielt im Bildungskanon Ciceros insofern eine prominente Rolle, als es in mehreren philosophischen Dialogen zum zentralen Thema wird, d.h.: Cicero stellt hier einen Konnex zwischen Philosophie und Religion her. Hauptziel des Projekts ist daher einmal die Untersuchung der Frage, wie diskursive Gestaltung und religiöses Wissen in Ciceros Schriften miteinander interagieren, und zum anderen die Frage nach Ciceros Eigenständigkeit im Vergleich zu den griechischen Vorbildern.

     

    Publikationen (Auswahl)

    • Kuhlmann, P. / V. Marchetti(2019, Hgg.),Cicero im Rahmen der römischen Bildungskultur, Tübingen.
    • Kuhlmann, P. (2019), Bildungskultur und Religion in der ausgehenden römischen Republik, in: Ders. / V. Marchetti (Hgg.),Cicero im Rahmen der römischen Bildungskultur, Tübingen.
    • Kuhlmann, P. (2016), Religion im griechisch-römischen Kulturraum, in AU, 59.2, 2-9.
    • Marchetti, V.(2019), Bildungsüberlegungen in Ciceros De natura deorumund De divinatione, in: P. Kuhlmann / dies. (Hgg.),Cicero im Rahmen der römischen Bildungskultur, Tübingen.
    • Marchetti, V.(2018), L’humanitasciceroniana e la scuola italiana oggi, in: A. F. Araújo / C. Martins / H. M. Carvalho / J. P. Serra / J. Magalhães (Hgg.), Paideia& Humanitas: formar e educar ontem e hoje / to form and educate yesterday and today, Lisboa, 547–560.
  • D 02 Religion im Diskurs der Gebildeten: Der Evangelist Lukas und der Redner Dion von Prusa

    Neues Testament
    Projektleiter: Prof. Dr. Reinhard Feldmeier
    Wissenschaftliche Mitarbeiter: Dr. Dr. Matthias Becker, Dr. Dr. Loïc Berge

    Religion im Diskurs der Gebildeten: Der Evangelist Lukas und der Redner Dion von Prusa

    Das lukanische Doppelwerk dokumentiert wie keine andere neutestamentliche Schriftengruppe das Bemühen des Frühchristentums, seine Botschaft den gebildeten Kreisen der griechisch-römischen Welt zu vermitteln. Da zugleich zwischen dem ersten vorchristlichen (Cicero) und dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert (zweite Sophistik) die Rhetorik immer zur als Vermittlerin einer Popularphilosophie wird, die sich religiöser Themen annimmt, bietet sie sich als Orientierungspunkt an, um Grad und Grenzen der lukanischen Inkulturati-on genauer zu bestimmen. In diesem TP wird dabei besonders Dion als ihr wichtigster Repräsentant in lukanischer Zeit in den Blick genommen.

     

    Publikationen (Auswahl)

    • Becker, M. (2019), A Template for Picturing Rivals? Paul’s Depictions of Opponents and the Elements of Anti-Sophistic Polemic, in: Biblische Notizen. Neue Folge.
    • Becker, M. (2019), Zwischen Gelehrsamkeit und Angleichung an Gott. Bildung in der spätantiken Philosophie, in: P. Gemeinhardt (Hg.), Was ist Bildung in der Vormoderne?, Tübingen.
    • Becker, M. (2019), Rhetoric, in: P. J. J. van Geest u.a. (Hgg.), The Brill Encyclopaedia of Early Christianity, Leiden.
    • Becker, M. (2019), Luke-Acts: Christianity, Patristics and Orthodox Churches, in: Encyclopedia of the Bible and Its Reception 17.
    • Becker, M. (2018), Die Bedrohung der Polis. Hesiods “Werke und Tage” als Zeugnis literarischer Bedrohungskommunikation, Tübingen.
    • Becker, M. (2016), Der Vergleich des Lebens mit einem Gastmahl als Verhaltensanweisung. Lk 14,7–11 und 22,26–27 im Lichte von Texten Epiktets und Dions von Prusa, in: Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft 107, 206–231.
    • Becker, M. (2017), Jesus als unfähiger Exorzist. Die Kritik des anonymen Griechen bei Makarios Magnes, Apokritikos 3,4, in: Wolfgang Grünstäudl, Markus Schiefer Ferrari, Judith Distelrath (Hg.), Verzwecktes Heil? Studien zur Rezeption neutestamentlicher Heilungserzählungen (Biblical Tools and Studies vol. 30). Leuven, 117-141.
    • Becker, M. (2016), Bildung als Distinktionsmerkmal hellenischer Eliten im Osten um 400 n. Chr. Das Zeugnis der Kollektivbiographie des Eunapios, in: Carola Föller u. Fabian Schulz (Hgg.), Osten und Westen 400-600 n.Chr. Kommunikation, Kooperation und Konflikt, Stuttgart, 37-53.
    • Becker, M. (2016), Der Vergleich des Lebens mit einem Gastmahl als Verhaltensanweisung. Lk 14,7-11 und 22,26-27 im Lichte von Texten Epiktets und Dions von Prusa, Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft 107, 206-231.
    • Berge, L. (2018), Théologie de la rédemption et éthique sexuelle. Unité et cohérence du ʻdéveloppementʼ 1 Co 5–7, in: New Testament Studies 64, 514–531.
    • Feldmeier, R. / H. Spieckermann (2018), Menschwerdung, Tübingen.
    • Feldmeier, R. / Winet  M. (Hg.) (2016),Gottesgedanken. Erkenntnis, Eschatologie und Ethik in Religionen der Spätantike und des frühen Mittelalters, Tübingen.
    • Feldmeier, R. (2016), Geheiligt werde dein Name. Das Herrengebet im Kontext der paganen Gebetsliteratur, in Florian Wilk (Hrsg.), Das Vaterunser in seinen antiken Kontexten. Zum Gedenken an E. Lohse, Göttingen, 25-81.
  • D 03 Ethische Unterweisung als Bildungsdiskurs: Der islamische Moralphilosoph und Historiker Miskawaih (gest. 1030) zwischen Rezeption und Transformation

    Arabistik / Islamwissenschaft
    Projektleiter: Prof. Dr. Sebastian Günther
    Wissenschaftliche Mitarbeiter: Dr. Yassir El Jamouhi, Ali Rida Rizek, Enrico Boccaccini, Christian Mauder

    Ethische Unterweisung als Bildungsdiskurs: Der islamische Moralphilosoph und Historiker Miskawaih (gest. 1030) zwischen Rezeption und Transformation

    Das Teilprojekt analysiert das wissenschaftliche Oeuvre des klassischen islamischen Gelehrten Miskawaih erstens dahingehend, wie der Autor das ethische und bildungstheoretische Gedankengut antiker paganer sowie älterer jüdischer, christlicher und muslimischer Autoritäten im Lichte seines eigenen Gottes-, Menschen- und Weltbildes rezipiert, modifiziert und neu kontextualisiert. Zweitens wird herausgearbeitet, auf welche Weise Miskawaih seine Kernaussagen zu Bildung und Ethik diskursiv vermittelt und wie diese wiederum von späteren muslimischen Autoren rezipiert und weiterentwickelt werden.

     

    Publikationen (Auswahl)

    • El Jamouhi, Y. (2019), Säkulares Denken in der klassischen Zeit des Islams? Eine Fallstudie zur Rezeption von Brysons Oikonomikos bei Miskawayh, in: S. Günther / Y. El Jamouhi (Hgg.), Islamic Ethics as Educational Discourse: Thought & Impact of the Classical Muslim Thinker Miskawayh (d. 1030), Tübingen.
    • El Jamouhi, Y. (2019),Die Rezeption der Unsterblichkeitslehre des Aristoteles in Miskawaihs Tahḏīb al-Aḫlāq, in: A. Pellitteri u.a. (Hgg.), Re-defining a Space of Encounter: Islam and Mediterranean: Identity, Alterity and Interactions, Leuven, 449–459.
    • El Jamouhi, Y. (2019),Educational Discourse in Classical Islam: A Case Study of Miskawayh’s Tahdhīb al-Akhlāq, in: S. Günther (Hg.), Knowledge and Education in Classical Islam, Leiden.
    • Günther, S. (2019), There is nothing like Baghdad, worldly-wise and religious, despite Time's Transition: Knowledge and Learning in Baghdad's Golden Age (8th–13thCentury), in: J. Scheiner / I. Toral-Niehoff (Hg.), Baghdad: The City of Knowledge, Tübingen.
    • Günther, S. (2019),„Wissen ist besser als materieller Besitz“. Grundsätze und Grenzen der Bildung im Klassischen Islam, in: P. Gemeinhardt (Hg.), Was ist Bildung in der Vormoderne?, Tübingen.
    • Günther, S. (2018), „Nur Wissen, das durch Lehre lebendig wird, sichert den Eingang ins Paradies.“ Die Madrasa als höhere Bildungseinrichtung im mittelalterlichen Islam, in: P. Gemeinhardt / I. Tanaseanu-Döbler (Hgg.), „Das Paradies ist ein Hörsaal für die Seelen“. Institutionen religiöser Bildung in historischer Perspektive, Tübingen, 237–270.
    • Günther, S. (2016), Education, general (up to 1500), in: The Encyclopaedia of Islam – Three (http://dx.doi.org.lreiydcf00d7.han.sub.uni-goettingen.de/10.1163/1573-3912_ei3_COM_26134).
    • Günther, S. (2016), Bildungsauffassungen klassischer muslimischer Gelehrter: Von Abu Hanifa bis Ibn Khaldun (8.-15. Jh.), in Sejdini, Z. (Hrsg.), Islamische Theologie und Religionspädagogik in Bewegung: Neue Ansätze in Europa, Bielefeld, 51-71.
    • Günther, S. (2016), Bildung und Ethik, in Brunner, R. (Hrsg.), Islam. Einheit und Vielfalt einer Weltreligion, Stuttgart, 210-236.
    • Günther, S. (2016), "Your Educational Achievements Shall Not Stop Your Efforts to Seek Beyond": Principles of Teaching and Learning in Classical Arabic Writings, in Memon, N.A.; Zaman, M. (Hgg.), Philosophies of Islamic Education. Historical Perspectives and Emerging Discourses, London, 72-93.
  • D 05 Profilierung religiöser Identität im gebildeten Diskurs. Die Rolle der Bildung in Bezugnahmen christlicher Autoren des 12. Jahrhunderts auf Juden und Muslime

    Kirchengeschichte
    Projektleiter: Prof. Dr. Tobias Georges
    Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Malte Rumkamp
    Profilierung religiöser Identität im gebildeten Diskurs. Die Rolle der Bildung in Bezug-nahmen christlicher Autoren des 12. Jahrhunderts auf Juden und Muslime 

    Aus dem 12. Jahrhundert sind zahlreiche Schriften erhalten, in denen abendländische Christen auf Juden und Muslime Bezug nehmen, häufig in der literarischen Form des Dialogs. Dabei wird wiederholt die "Bildung" thematisiert.
    Das Teilprojekt wird anhand ausgesuchter Autoren und ihrer Schriften (Petrus Alfonsi: Dialogus; Petrus Venerabilis: Contra sectam Sarracenorum, Adversus Iudaeorum inveteratam duritiem; Petrus Abaelardus: Collationes) exemplarisch die bislang nicht hinreichend erforschte Frage klären, welche Funktion die Bildung in den Bezugnahmen auf Juden und Muslime hat.

     

    Publikationen (Auswahl)

    • Georges, T. / Gemeinhardt, P. (2018), Vom philosophischen Schulbetrieb zum kirchlichen Katechumenat. Institutionalisierungen religiöser Bildung im spätantiken Christentum, in: P. Gemeinhardt / I. Tanaseanu-Döbler (Hgg.), „Das Paradies ist ein Hörsaal für die Seelen.“ Institutionen religiöser Bildung in historischer Perspektive, Göttingen, 153–175.
    • Georges, T. (2017), The Apophthegmata Patrum in the context of the occidental reformation of monastic life during the 11th and 12th centuries. The case of Peter Abelard, in Studia Patristica, 76.
    • Georges, T. (2017), Ethik in der Zeit der Frühscholastik - Zwerge auf den Schultern des Riesen Augustin, in Müller, A.; Wriedt, M. (Hrsgg.), Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie, Sektion Kirchengeschichte, Leipzig.
    • Georges, T. (2016), "Summus Christianorum philosophorum" ? Origen as Christian philosopher in Peter Abelard, in Jacobsen, A-Ch. (Hrsg.), Origeniana undecima: Origen and Origenism in the History of Western Thought, Leuven 2016, 431-40.

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